Neufahrn - Torbole meine allererste Bikepackingtour

Drei Kugeln am Lago. Blaulicht in der Dämmerung. Das wohl beste Frühstücksbuffet. Zugbegleitung in „(Urlaubs)-Stimmung“. Leckere Pizza Verdure. Strada del Forra gesperrt. Zähne gegen den Wind. Powerdudler. Direttissima auf der Römerstraße.

Nach längerer Planung habe ich meine allererste Bikepacking von München Neufran nach Torbole am Gardasee in Angriff genommen.

Samstag – Die Herausforderung 230 Kilometer 2.400 Höhenmeter

Mit zwei Packtaschen, einer Lenkertasche, meiner geplanten GPS-Strecke auf dem Hammerhead Karoo 2, startete ich kurz vor fünf, am Samstag, 26. April 2025 zur esten Etappe nach Sterzing. Zuvor war noch eine zweistündige Autofahrt nach München Neufran angesagt, also mitten in der Nacht, vor drei Uhr aufgestanden.
Mit der Hoffnung, dass der einsetzende Regen bald aufhört fuhr ich im Regen über Garching in die City nach Grünwald Richtung Bad Tölz. Kurz vor Bad Tölz verlor der Karoo etwas die Navigation und rootete mich auf einen Waldweg, der mit den Packtaschen nur mit schieben zu bewältigen war. Mit Hilfe von Google Maps fand sich, nach gut zehn Kilometern Umweg, eine alternative Route, endlich wieder über eine normal befestigte Straße. Kalt und durchnässt tat ein heißer Kaffee und ein süßes Stückle in Bad Tölz meinem Körper und der Seele gut.
Inzwischen kam auch immer mehr die wärmende Sonne zum Vorschein und das nächste Zwischenziel Sylvensteinspeicher und Achensee stand bevor. Am Achensee, entlang der Alten Dorfstraße, gleichzeitig auch ein toller Radweg ging es steil bergab nach Jenbach ins Inntal. Das anfängliche etwas unsichere Gefühl mit dem Gewicht der Packtaschen verlor sich mit der Zeit und somit auch nach und nach die Blicke zurück – ob alles hält.
In Jenbach ging es dann rechts ab Richtung Schwaz Wattens Hall in Tirol und Innsbruck.

Die Alte Römerstraße hoch zum Brenner, die ich mir extra wegen weniger Autoverkehr ausgesucht hatte, entpuppte sich mit seinen steilen Rampen und meinem Gepäck als wahrer Kraftakt. Da ich von Teilnahme des Ötztal Marathons die normale Brennerstrasse von Innsbruck kenne wäre dies wohl die bessere Variante gewesen.
Endlich! Oben am Brenner angekommen ziemlich, ziemlich platt, erst mal Fotos vom Brennerschild. Jetzt wusste ich: es geht zum ersten Etappenziel Sterzing nur noch bergab. Auf der wenig befahrenen Landstraße hab ich’s richtig laufen lassen.
Nach 2.400 Höhenmeter auf 230 Kilometern und dem einchecken im Hotel Mondschein, habe ich gefühlt 20 Minuten die heiße Dusche genossen. Mein Rad dufte die Nacht im Zimmer verbringen. Zum erfolgreichen Abschluss eines herausforderndem Etappentages gab’s in einem Restaurant in der Fußgängerzone Sterzings einen leckere Pizza Verdure.
Zurück im Hotel, Klamotten für den nächsten Tag richten und etwas TV geschaut. Ich hatte neben einem Kurzarm- und ein Langarmtrikot, eine leichte Rad-Weste eine wattierte zweite Rad-Weste eine zweite Rad-Hose, sowie eine Windjacke und eine Regenjacke dabei.

Sonntag – Etsch-Tal und der kräftezehrende Südwind

Am nächsten Tag habe ich schon um 6:30 Uhr, noch vor der Senioren-Busreisegruppe gut und reichlich gefrühstückt. Ziel der zweiten Etappe, Torbole Lago di Garda. Zwar erschienen die Höhenmeter im Vergleich zum ersten Tag heute mit nur 170 Kilometern und 450 Höhenmeter auf dem Papier harmlos, aber…
Anfangs ging es, bis Bozen recht zügig voran. Es wurde aber auf dem unendlich langen Etschtal Radweg, mit immer Gegenwind, zunehmend härter.
Für mich schwierig war das immer fast geradeaus laufende Asphaltband des Radwegs. Nun kamen meine Knochenschall-Kopfhörer mit Musik zum Einsatz. Langsam aber sicher kam zusätzlich auch das immer stärker werdende Bedürfnis nach einem Kaffee und Kuchen. War aber auf dem eher Ortschaft vermeidenden Etschtal-Radweg gar nicht so einfach.
Nach 100, gefühlt endlosen, Kilometern war es endlich soweit. Eine improvisierte Holzhütte mit überwiegend selber gemachtem Apfelsaft und leckerem Apfelstrudel tauchte am Wegesrand auf. Den dringend notwendigen Espresso gab’s auch. Ich bekam sogar noch einen Apfel geschenkt.
Frisch motiviert ging’s weiter nach Roveretto. Ziemlich kaputt und mit Schmerzen am Hintern ging es nach Loppio zum Passo St. Giovanni. Jetzt noch die letzte Rampe über den Radweg und endlich in Nago, oberhalb von Torbole, mit Blick zum Lago di Garda. Für mich, in diesem Augenblick, ein unvergessliches Erlebnis!
Das in schneller Abfahrt erreichte und erst am Vortag gebuchte Hotel Alberta war ein Glücksgriff. Eingecheckt. Radtaschen abmontiert. Rad im Radkeller untergestellt. Zimmerbezogen. Frisch geduscht und erleichtert es gepackt zu haben ging es zum Abendessen direkt an den Lago.
Bei einem wohlverdienten Glas Bardolino Rose, einer Pizza Tonno und abschließenden drei Kugeln to-go-Eis verbunden mit einem schlendern über die Seepromenade konnte der Tag ausklingen.

Anm. d. Red.: Schon ab März weht bei stabiler Hochdruck-Wetterlage der Südwind, die "Ora", vom Gardasee durch das Etschtal bis zum Kalterer See. Meist geschieht dies nach 14 Uhr, ihre volle Kraft von 4 bis 6 Beaufort erreicht die Brise erst etwas später am Nachmittag.

Montag – Der entspannte Tag am Lago

Am nächsten Morgen war ausschlafen angesagt. In Frühstücksraum, einem Art Wintergarten der total schön war befand sich das wohl beste Frühstücksbuffet, das ich jemals am Gardasee bekommen habe, und ich war schon oft am Gardasee, aber das hat alles übertroffen. Eine Vielfalt von Müslis, Gebäck, Brote, Brötchen frisch zubereitetem Spiegel- oder Rührei, nicht schon in Behältern, sondern wirklich frisch gemacht und dann freundlich serviert. Die Krönung war aber schon morgens mein so geliebtes Tiramisu, wow! 😊

Mein Plan, obwohl mein Hintern schon ziemlich brannte, die Strada del Forra, bekannt auch unter Brasa Schlucht bekannt aus dem James Bond Film zu fahren. Dort angekommen war sie leider durch einen voreiniger Zeit entstandenen Felsbruch immer noch gesperrt. Aber Hauptsache war, die Radfahrt mit gutem Licht und super Ausblicken immer entlang dem See. An diesem Tag war das Ziel dann eben ein Eis an der Promenade in Riva. Wieder mit drei Kugeln, das sich es auch lohnt!
Dort habe ich mich endlich mal auf die Hafenmauer gelegt die Sonne genossen und eine halbe Stunde gechillt. Angetrieben vom Hunger ging’s auf dem Radweg von Torbole nach Arco. Ziel war die Bar Centrale in der man superschön am Rande eines Parcs sitzt und auch wirklich gut und günstig essen kann.
In Arco wollte ich mir in einem speziellen Geschäft Radsocken kaufen, dieses machte aber erst ab 15:30 wieder auf. So blieb mir, nachdem ich von Michael per Whats App erfahren hatte, dass Martin bei der Plüderhausen Sternfahrt gestürzt war, Zeit für ein ausgiebiges Telefonat.
Zum Tagesausklang habe ich mir einen Aperol Spritz direkt an einer See-Bar-Terrasse gegönnt.

Dienstag – Die etwas frustrierte Rückfahrt mit dem Zug

Auf dem Bahnsteig in Roveretto habe ich zwei Jungs aus München kennengelernt. Die zwei sind an selben Samstag in einem Schlag um 1 Uhr nachts in München, an einem McDonalds, losgefahren und die 400 Kilometer, mit Ihren Rennrädern, in Netto Fahrzeit von 16 Stunden nach Riva gefahren!
Habe die gefragt, ob sie Radmitnahme gebucht haben, sie meinten ja schon vor längerer Zeit. Ich habe auf meiner auf dem Handy installierter DB-App dies nicht können!?
Bei der von mir gebuchter Fahrt stand „Radmitnahme begrenzt möglich“. Da bei der Zugfahrt „mittlere Auslastung“ stand und die Jungs auch meinten das ist kein Problem war ich eigentlich nicht beunruhigt.

Was dann aber auf mich einprasselte sprengt für mich alles was ich jemals erlebt habe.

Im Zug habe ich mein Rad an einer freien Stelle mit dem dort installierten Halter am Rahmen befestigt, hierbei fragte mich der Zugbegleiter nach meinem Ticket und sagte: „Alles ok.“ Wir fuhren schon eine geraume Zeit, als der Zugbegleiter zu uns ins Abteil kommt und zu mir sagt er macht jetzt eine Durchsage wegen den Rädern, da es mehr sind wie gebucht aber ich soll die Durchsage ignorieren für mich würde das nicht gelten. Ok, dachte ich, jetzt ist ja alles in Ordnung. Später, in der Nähe von Bozen kam er nochmals ins Abteil und wollte nochmal mein Zugticket sehen, er schaut es an und meinte: „…ich hätte keine Radreservierung!

 

Anm. d. Red.: Es folgte ein Wortgefecht, welche nur in Auszügen hier wiedergegeben ist:
...der Zugführer sagte: „Ich müsste den Zug an der nächsten Station verlassen… er wolle so den Zug nicht in Innsbruck an seinen Kollegen übergeben… er habe keine Lust an seinem letzten Tag vor seinem morgigen beginnenden Urlaub Stress zu haben...“ Er hat bei den zwei Münchnern auch Stress gemacht wegen den Rädern, die könnten da nicht stehen bleiben und müssten da weg. Die haben ihm dann gesagt die Räder bleiben da wo sie sind…

Lost am Brenner

Also, stieg ich am Brenner aus. Ich habe mittlerweile mit meiner Frau telefoniert und sie gebeten mir spätestens ab Kufstein bis München eine Zugverbindung mit Radmitnahme zu buchen. Nach Recherche hat sie mir für 7,99 EUR, zunächst nur ein Fahrradticket, ab Kufstein gekauft, welches separat für diese Fahrt gebucht werden muss. Ich war mir nicht sicher ob ich bis 19:26 Uhr in Kufstein sein kann. Ich kann, wenn ich es schaffen sollte, die Zugfahrt Kufstein bis München selber auf der App buchen.

Neue Hoffung...

Ab jetzt gab ich echt alles, es sind ca. 110 km bis Kufstein. In der Abfahrt habe ich es trotz meinem Gepäck hinten echt laufen lassen. In Innsbruck bin ich voll in die Rush Hour gekommen und musste mich an jeder Ampel an Autos vorbei durch den Verkehr quälen. Im Inntal auch noch Gegenwind! Die Trinkflaschen waren leer und Hunger kam auf!
Mir wurde klar, ich pack das zeitlich nicht bis Kufstein. In Schwaz dann ein Bäcker-Stopp. Zwei Almdudler in die Trinkflaschen gefüllt und zwei Vollkornbrötchen welche ich auf dem Rad beim Fahren aß. Habe dem Gegenwind voll die Zähne gezeigt, aber es gab keine Chance!
Zwei Kilometer vor Jenbach ein „erlösendes“ Schild mit: „Bahnhof kommt in Kürze“. In der DB-App nachgeschaut ob es von hier die Möglichkeit gibt nach München zu kommen. Tatsächlich fuhr genau der Zug planmäßig, 19:02 Uhr, von Jenbach bis München den meine Frau (von Kufstein 19:26 Uhr) ausgesucht, aber noch nicht gebucht hatte. Hab mir gedacht mehr wie ein zweites Mal aus dem Zug geworfen zu werden kann ja nicht passieren.
Der Zug hat 12 Minuten Verspätung, so konnte ich ein wenig durchatmen. Trotz der Verspätung hätte es mir nie und nimmer gereicht die knapp 40 km bis Kufstein in der Zeit zu bewältigen. Der Zugbegleiter in diesem Zug lachte und sagte: „Kein Problem“, als ich ihm mitteilte, dass ich erst ab Kufstein ein Radmitnahme gebucht hatte. Mir viel jetzt echt ein Stein vom Herzen. Endlich komme ich nach München.
In der Zwischenzeit, gegen 20:30 war ich mit dem Fahrrad auf den letzten 28 Kilometer nach Neufahrn unterwegs. Extrem viel Verkehr und die Außengastronomie war voll, da war in München Vorsicht geboten.

...Und Noch ne Herausforderung

Es wurde dunkel und meine Hoffnung, dass mein Vorderlicht und Rücklicht noch genügend Strom hat, um die letzten Kilometer durchzuhalten, erfüllt sich nicht ganz. Hatte zwar eine Powerbank dabei, konnte aber nicht Vorderlicht und Rücklicht gleichzeitig anschließen. Zwei Kilometer vor Neufahrn an einer ruhigen Landstraße kam, was ich schon hörte, ein Auto langsam von hinten. Blaulicht ging an und ein Streifenwagen kam an meine Seite – Fenster ging runter der Polizist grüßte locker mit „Servus – Ihr Rücklicht geht nicht, man sieht sie von hinten so gut wie nicht“. Ich erwiderte: „Servus ¬ Vor ein paar Minuten hab ich nach hinten geschaut und da ging es noch und bin in knapp zwei Kilometer am Ziel“. Er meinte ist ok, ich soll aufpassen und ganz rechts fahren, coole Jungs sag ich da nur.
So kam ich an meinem Auto an. Turnschuhe anziehen. Rad eingeladen und die 200 Kilometer noch mit großer Müdigkeit nach Wendlingen fahren.

Fazit

Trotz diesem letzten unangenehmen Tag, der mir durch einen sehr netten Zugbegleiter der Bahn versaut wurde, war es echt ein Hammer Erlebnis. Ich glaube, Zug mit Rad brauche ich so schnell nicht wieder.

 

Macht es gut
Gruß Lothar

 

Text und Bilder: Lothar S. / 01.05.25

Anm. d. Red.:
Ausnahme für Reisen nach Italien (via Österreich/Brenner)
Wenn Sie Ihr Fahrrad in einem EC-Zug nach Italien (via Österreich/Brenner) mitnehmen wollen, müssen Sie eine Kennzeichnung anhängen. Bitte drucken und füllen Sie die Fahrradbanderole aus. Befestigen Sie diese vor Fahrtantritt an Ihrem Fahrrad. Die Banderole ist kein Ersatz für die Fahrradkarte bzw. Stellplatzreservierung. 

Weitere Infos:
https://www.bahn.de/angebot/zusatzticket/fahrrad/fahrradkarte-fernverkehr

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Kommentare: 3
  • #1

    Lothar Stoiber (Sonntag, 04 Mai 2025 22:38)

    Nach der Beschwerde bei der Deutschen Bahn habe ich tatsächlich 2 Tage später ein Entschuldigungsschreiben bekommen mit einer Gutschrift für das zweite Zugticket von Jenbach nach München, wenigstens etwas

  • #2

    Michael K. (Dienstag, 06 Mai 2025 14:55)

    Sehr schöner, ausführlicher Bericht und eine tolle Leistung. Gratuliere . Aber auch sehr praktische Hinweise für alle die, die eine ähnliche Tour planen wollten. Aus eigenen Erfahrungen, möchte ich hier noch zufügen, dass es täglich spezielle Shuttel- Busse für Radfahrer gibt. Zum Beispiel Torbole - München., aber auch Torbole - Augsburg.





  • #3

    Lothar Stoiber (Montag, 12 Mai 2025)

    Michael habe ich auch in Erwägung gezogen , aber leider haben die erst am darauf folgenden Wochenende die Saison mit den Shuttle Einsätzen begonnen